Kronleuchten

Einladung zum philosophischen Kronleuchten-Colloquium
im Schauraum K3 mit Darbietungen bzw. Selbstdarstellungen.


Kronleuchten
im Schauraum K3

am Samstag, 1. März 2014 von 18 bis 21 Uhr

Kurzdarbietungen unter anderem von:
Manuel van de Mosselaar, Gitarre (spielt lateinamerikanische Kompositionen),
Clown JoJo (Johannes Schüchner),
Dog Dance (Veronika Harris mit Hund),
Performance von Barbara Strack und Herbert Pross,
Fabienne Breuer, Trompete,
Collage-Gedichte von Rudolf Huber-Wilkoff (vorgetragen von Veronika Harris).
Kurzlesung von Gerhardt und Ute Pilstl:
aus „Das Bewusstsein der Maschinen“ des Philosophen Gotthard Günther und
aus den Notizen der Gartengestalterin Vita Sackville-West, u.a. bekannt für ihre
Beziehung zu Virginia Woolf.

Gäste mit klangvollen und weniger klangvollen Namen sind ausdrücklich erwünscht.

U.A.w.g.

Schauraum K3
Galerie für Gegenwartskunst
Kottigstelzham 3, D-84359 Simbach am Inn, Tel. 08572.1466
huber-wilkoff@web.de
www.schauraumK3.com

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Kronleuchten
Festrede zum Colloquium im Schauraum K3
am 1. März 2014 von Barbara Strack

Meine sehr verehrte Damen und Herren, Mein Name ist Barbara Desdemona Jung, kurz BD Jung. Ich bin Psychoanalytikerin und Mitarbeiterin des CG Jung- Institutes in Zürich. Mich freut es sehr hier zu sein. Die Raumausstattung finde ich sehr ansprechend. Kronleuchten der Philosophie, ein außergewöhnliches Colloquium. Wie sagte Friedrich Nietzsche: „Die Menschen drängen sich zum Lichte, nicht um besser zu sehen, sondern um besser zu glänzen“. Besonders begrüßen möchte ich die  Philosophiegruppe Simbach-West. Ebenso Vertreter der etwas unbekannteren Gruppe Simbach-Ost sowie verstreute philosophischen Einzelgänger. Ich danke dem Hausherrn Herrn Rudolf Wittgenhuber, der diesen Abend gleichsam als Bahnwärter der Moderne ermöglicht. Die auf der Einladung von Ihnen angekündigte Performance von Herrn Pross und Frau Strack war mir allerdings nicht bekannt. Ist das eine Methode ihres berühmten Sprachspiels? Sozusagen ein in sich geschlossenes System der Verständigung? Oder handelt es sich hier… natürlich habe ich mich das gefragt … aber nicht lange. Ich bin nicht gewillt, dass sich mein „Verstand Beulen holt“ um es einmal in ihren Worten zu sagen. Der Schweizer Aphoristiker Walter Fürst sagte einmal: Risiko, das ist die Avantgarde der Wahrheit. Marie von Ebner Eschenbach hat ihm darauf geantwortet: „so manche Wahrheit ging von einem Irrtum aus. „So mache ich jetzt eine sprachkritische Wende. Es wird Zeit, Licht  in unserem inzestuösen regionalen kulturellen Denkhaufen zu bringen. Die Schattenarbeit ist eine Spezialität unseres Züricher Institutes. Wir befassen uns mit dem Unbewussten und der Emotionalität. Das Zentrum dafür sitzt bei Ihnen ungefähr hier. Wenn Sie das mal anfassen würden, sie können auch bei Ihrem Nachbarn anfassen, spüren Sie einen Mandelkern. Wir nennen das Amygdala! Bei Männern ist der Kern prozentual größer. Das steht in einem Triebzusammenhang. Es ist bekannt Herr Wittgenhuber, und sie sind nicht der einzige in ihrer berühmten Familie, dass sie Frauen, ich zitiere Sie, „für entsetzlich idiotisch“ halten. Mit einer Ausnahme: Ihre Mutter. Aus analytischer Sicht erscheint ihre Aussage als grundthematische Rache an Frauen per se, die nicht ihre Mutter sind. Und das sind nicht wenige. Ich komme zur Diagnose: Ihre latente ödipale Phase hat sich im mittleren Formenkreis verhängt. Sie wissen, meine Damen und Herren, seit Sokrates ist das Verhältnis zwischen Philosophen und der Damenwelt generell konfliktgeladen. Aus Frauensicht sind die Ursachen für diesen Konflikt im Primatengehirn des Mannes zu finden. Frau Beauvoir sagte einmal „Adam wäre nichts als ein roher Entwurf.“ Das gilt es an Beispielen zu überprüfen. Ich habe dafür eine repräsentative Auswahl getroffen. Forscher haben bei Affen entdeckt, dass die Nervenzellen im Gehirn des Mannes durch Lichtimpulse beeinflusst und genetisch verändert werden. Es kann sogar zu einer Veränderung des Gefühlslebens kommen. Meine Damen, wir haben heute unter diesem Kronleuchter die einzigartige Möglichkeit die Welt zu verändern. Wir müssen nur die Männer entsprechend ins Licht rücken. Natürlich müssen wir dabei den individuellen Schaltkreis des Mannes berücksichtigen und die Fragestellungen, wer diesen Schaltkreis bedient. Das bedeutet, wer macht das Licht an oder aus. Das wäre in einer späteren Versuchsreihe zu recherchieren.
Ob der Lichteinfluss bei Herrn Schoppenhauer zu einer missmutigen Weltbetrachtung beigetragen hat, ist nicht erwiesen. Jedoch bedarf es dringend einer Neuberechnung seiner dreifachen Wurzel des Satzes vom zureichenden Grunde. Wer diese Wurzel zieht kommt auf ein Viertel. Stimmt die Rechnung Herr Schoppenhauer? Bei Herrn Schoppenhauer sollten wir also das Viertel in Anbetracht des vollen Zustandes in den Augenschein nehmen. Das wirft beinahe buddhistische Fragestellungen auf. Was bedeutet voll? Was ist leer und wer ist voll? Ist Vollsein „ein Ding an sich? „Ein unbenennbares, namesloses etwas? Fragen wir uns nicht beim Manne: Was haben die da eigentlich für ein Ding an sich? Wird das von ihrem Mandelkern gesteuert? Fühlen Sie mal.
Wissen Sie, Herr Schoppenhauer, Ihre tragische Spaltung besteht in einer tiefen Einsicht in die Geheimnisse der Weltmystik und ihrer strikten Ablehnung des Menschseins als Lebensform überhaupt. Ihr misanthropisches Weltbild überschattet ihre Genialität. Und wieder, meine Damen und Herren, führt die Spur zur Mutter. Ihre lebensfrohe Mutter hatte sich endgültig von ihrem depressiven und verwirrten Mann trennen können. Jetzt kommen Sie und nörgeln weiter,  und das in einem pathologischen Automatismus. Natürlich fliegen Sie raus bei der Mutter. Vor die Tür gesetzt, haben sie Herr Schoppenhauer, einen postnatalen Schatten erlitten, der jeden Weinhändler zum Kapitalisten macht. Wie kann sich in so einem Fall, meine Damen und Herren, die Fontanelle eines Primatengehirns jemals schließen. Als posttraumatische Reaktion haben sie sich einen Pudel zugelegt. Frauen, Herr Schoppenhauer, bezeichnen sie als Sexus sequior, als geringeres Geschlecht, als unästhetisch und affig.
„Der einzige Mann, der wirklich nicht ohne Frauen leben kann, ist der Frauenarzt, haben sie behauptet. Hier ist das Viertel voll, Herr Schoppenhauer! Das CG Jung-Institut entzieht Ihnen hiermit Ihre Anima mit folgender Begründung:
„Viele verlieren den Verstand deshalb nicht, weil sie keinen haben.“
Ich wende mich nun Ihrem Freund Herrn Kant von Hobel zu. Ist der da? Sonst red ich einfach über ihn. Das machen wir ja sonst auch. Kant von Hobel, Sie sind seit einiger Zeit Mittelpunkt bei den philosophischen Tafelrunden der Gruppe West. Treffen wir uns bei Kant, heißt es da, bei dem Aufklärer, dem Stubenhocker, der uns vorwirft, dass wir faul sind im Denken. Sapere aude! Wir sollen uns unseres Verstandes bedienen. Warum machen Sie es Ihrer Tischgesellschaft eigentlich so schwer? Kürzlich sagte eine Dame ihrer Tischgesellschaft im Vertrauen zu mir „sie wäre jetzt am Ende mit Kant“. Ja, was denken Sie sich eigentlich? Denken sie ohne Erfahrung? Sie behaupten, Frauen wären dem Manne unterlegen. Sie haben ja nicht mal eine Frau nackt gesehen. Immerhin, Sie trauen dem weiblichen Geschlecht einen Verstand zu – “einen schönen eben, doch keinen tiefen.“ Wissen Sie was, Herr Kant von Hobel? Ihr keuscher, pflichtbewusster Lebenswandel geht uns Frauen auf die Nerven. Fünf Uhr aufstehen, Tee trinken, Pfeife rauchen, Mittagsmenü um 12, wahrscheinlich beim Restaurant Schoppenhauer, nachmittags Spazierengehen „mit allen Sinnen“, abends lesen und um 22 Uhr schlafen. Die Frage, ob Frauen Emotionen haben, können sie bei diesem Lebenswandel gar nicht beantworten. Die Frage bleibt offen. Wissen Sie was, wer nach allen Seiten offen ist, der ist nicht ganz dicht. Wie sagten Sie kürzlich: Ich muss niemanden aufklären als mich selbst. Davon raten wir Frauen Ihnen dringend und kategorisch ab. Hüten sie sich vor ihrem freien Willen. Lassen Sie das mit der Aufklärung. Bleiben sie  jungfräulich Herr Kant von Hobel. Das schützt uns Frauen am meisten vor Ihnen.
Wir kommen zum Existentialismus. Dieses Ordnungsgetue von Herrn Kant von Hobel passt sicher nicht in ihre Vorstellungen einer individuellen Existenz – Herr Dumanski-Jaspers! Wo ist er überhaupt? Glänzt mal wieder durch Abwesenheit. Hat er wieder seinen  Bronchialkatarrh? Sollte mal Luft holen, der Mann. Dann spreche ich eben virtuell mit Ihnen. Ich stelle mir jetzt vor, Sie sind da in der Linse von Frau von der Linsen. Hören Sie gut zu: Existenz ist nach ihren Erkenntnissen ein „Eigentlichseinwollen“, also mehr als bloßes Dasein. Eigentlich? Das Wort könnte ich Ihnen im Munde herumdrehen, wenn ich wollte. Und ich will! Zum Beispiel, wenn ich behaupte: Eigentlich bin ich heute krank. Heißt das, sie wollten nicht raus? Wollten in der Stube bleiben? Jetzt frage ich Sie: wollten Sie hier eigentlich überhaupt sein? Kürzlich haben sie gesagt: Was nicht in die Masse dringt, ist unwirksam. In Abwesenheit werden sie jedenfalls nicht an ihrer Wirksamkeit arbeiten. Ich bin noch nicht fertig mit ihnen. Ich wundere mich über sie Herr Dumnaski-Jaspers. Die Existenz der Seele stellen Sie nicht nur in Frage, sie lehnen sie förmlich ab. Wie geht das zusammen? Wie sehen sie das Verhältnis von Geist und Körper? Wissen Sie, in ihrer Hirnmythologie stellen sie die Behauptung auf, dass seelische Krankheiten nicht existieren. Seelische Krankheiten wären Gehirnkrankheiten. Sagen Sie mal: Erklären und verstehen sind doch zwei Dinge, oder? Das können Sie mir in ihrem existentiellen Rollkragenpullover gar nicht verbergen. Tragen Sie den noch? Wie hängt das jetzt zusammen mit dem Körper und dem Geist. Wird der Kopf vom Pullover gehalten oder vom Geist ? Wir wissen alle hier, dass sie gegen psychiatrische Vorverurteilungen sprechen. Sie haben einmal gesagt: Die Psychoanalyse ist die Religion der privaten Verwirrung. Das klingt sehr illusionslos. Aber einmal Existentialist immer Existentialist. Ich habe gehört, dass sie sich auf ihrem Landsitz in Existenzerhellung und Askese üben. Das mögen wir Frauen besonders gern, das kann ich Ihnen versichern. Wie sagten Sie kürzlich: Einfachheit ist von unendlicher Deutbarkeit“… ich lasse den Befund offen und wenn sie möchten, schreibe ich sie noch eine Woche krank wegen seelischer Absenz.
Meine Damen und Herren, ich begrüße nun einen Mann mit einem aussergewöhnlichen Neokortex. Herr Niepel-Montesquieu, es freut uns besonders, dass sie Zeit gefunden haben hier zu sein. Sie geben diesem Abend sozusagen die feudale Note. Ihr größtes Werk, Herr Baron Montesquieu, besteht wohl darin, dass sie den Menschen aus seinem Autismus befreien. Die Souveränität des Individuums braucht Gewaltenteilung. Das ist heute aktueller denn je. Was heißt das und was bedeutet das für uns und in Bezug auf das Primatengehirn des Mannes. Ich versuche mich Ihrer Theorie anzunähern: Der Mensch legt Gesetze fest, ein anderer verwaltet sie und ein Dritter hat das Recht Korrekturen vorzunehmen. Gehen wir mal ins Praktische. Sie haben einmal gesagt: „Das Essen ist einer der vier Zwecke des Daseins. Welches die drei anderen sind, darauf bin ich noch nicht gekommen. „Nehmen wir mal an sie haben Hunger, was in ihrer vorsorgenden Umgebung nicht leicht sein wird. Aber nehmen wir an. Sie sagen einfach „Schweinebraten“, das ist der erste Sprachimpuls für eine dreigeteilten Gewalt. Wie geht das jetzt weiter? Wer brät, wer isst, wer würzt nach? Im Sinne der Gewaltenteilung können sie persönlich nur eine dieser Handlungen vollziehen? Für was würden Sie sich jetzt entscheiden? Das ist hier die große Frage, Herr Niepel-Montesquieu. Aber diese Frage wird sich erübrigen, bevor sie verhungern. In ihrem Haushalt halten Sie es eher monarchisch. Sie gewähren der Frau Arbeit. Ich zitiere Sie: „Soweit man der Frau  Gelegenheit gibt, ist die Frau ebenso rührig wie der Mann.“ An Gelegenheiten mangelt es nicht. Der Schweinebraten fällt Ihnen sozusagen in den Schoß. Sie verstehen Herr Baron, mit ihrem Modell der Gewaltenteilung kommen wir hier  einfach nicht weiter. Und die Frage was außer dem Essen im Leben noch zählt, bleibt offen. Vielleicht haben Sie meine Damen und Herren Ideen zu dieser  Sinnfrage. Denn wie sagten sie Herr Baron Montesquieu: „Tritt eine Idee in einen hohlen Kopf, so füllt sie ihn völlig aus“. Und Wilhelm Busch meinte dazu: „Ein jeder kriegt, ein jeder nimmt, in dieser Welt was ihn bestimmt“.
Ich komme nun zum Sonderpreis für aussergewöhliche philosophische Leistungen.
Herr Emmerich Habermann ist uns bekannt als engagierter Denker. Sein Einfluss auf die philosophische Kultur unserer Region ist immens. Sein Werk bezeichnen wir als multidisziplinär. Die Versöhnung mit der mit sich und in sich zerfallenden Moderene entspricht seinem dialogischen Unterbau. Die Transzendentalphilosophie beschaut er bei gleichzeitiger Detranszendentalisierung. Wie geht das vor? Durch seine Fähigkeit Gespräche sofort auf ein höheres philosophisches Niveau zu heben, durch sein Sinnverstehen und mythisches Weltbild bildet er eine Ausnahme im Kontext der anderen Versuchspersonen. Einzig seine aufbrausende innere Struktur wäre eine Anbindung. Die konnte ihm aber, außer seiner Ehefrau seiner Mutter und Herrn Schoppenhauer, bisher niemand nachweisen. Bei einem kürzlichen Spaziergang am Gleis 1 des Simbacher Bahnhofs erkannte ich im Auf- und Abwandeln die ausgeprägten poetischen Züge seines Geistes. Wenn eine defekte Bahnhofstür zum Eingang in den Kosmos wird, schweigt der Hörer. Herr Emmerich Habermann ist jenseits der Sprache zu verstehen. Sozusagen im sprachpoetischen Universum. Erhellt im Geiste erspürte ich die Qualität der vorwissenschaftlichen Selbstverständlichkeit und Erfahrbarkeit des Preisanwärters. All dies müssen wir bedenken, wenn wir Emmerich Habermann sagen. Ihm gebührt der Sonderpreis des CG Jung-Institutes. Herr Habermann weiß die Balance von Öffentlichkeit und Privatheit auseinanderzuhalten. Die Tischgesellschaften in seinem Hause geben eine stark intime Atmosphäre. Wenn der Hausherr bei Tisch schläft, fühlt man sich doch geborgen. Was der Philosoph träumt bleibt uns verschlossen. In diesem Sinne schliesse auch ich. Danke für Ihre Aufmerksamkeit.